Freitag, 6. November 2009

...bitte gib' mir nur ein Wort!

Der deutschen Sprache wird gemeinhin nachgesagt, dass sie schwierig sei. Einmal abgesehen von der Grammatik ist sie das, aufgrund der mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten, tatsächlich. Wie sollte also in diesem Zusammenhang die Schlagzeile „…Hund biss ohne Vorwarnung zu“ zu deuten sein? Muss der mutmaßliche Kampfhund sein ignorantes Gegenüber kurz vorher mit der Pfote anstupsen, bevor er ihm herzhaft den Unterarm zerfetzt? Oder mit einem freundlichen Knurren die darauf folgende Beißattacke ankündigen?

Zum besseren Verständnis des jeweiligen Gegenübers, das die eigene Sprache nicht spricht, kann man Ratgeber und Wörterbücher jeglicher Couleur käuflich erwerben – möglich, dass sich das noch nicht herumgesprochen hat, weil das gesprochene Wort nicht immer richtig in der entsprechenden Hirnwindung ankommt.

Lediglich bei der Auswahl des „Wörterbuches“ sollte man sich etwas Zeit nehmen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn wer glaubt, mit dem Erwerb eines Exemplars von „Frau-Deutsch/Deutsch-Frau“ o.ä. auf der sicheren Seite zu sein, wird in den meisten Fällen, in denen er seine Sprachkenntnisse testen möchte, herb enttäuscht, denn es gibt bestenfalls einen minimalen, bei weitem nicht allgemeingültigen, Grundwortschatz her. Wer sich ein wenig mit Fremdsprachen befasst, dem wird nicht entgangen sein, dass es sowohl verschiedene Dialekte in ein und demselben Land gibt, als auch die Bedeutung eines einzigen Wortes ein gravierendes Nord-Süd-Gefälle aufweisen kann.

Da scheint es fast sinnvoller auf einen tierischen Ratgeber zurückzugreifen: „Achten Sie bei ihrem Liebling darauf, ob er die Ohren anlegt oder den Kopf wegdreht. Sollte dies der Fall sein, nähern Sie sich ihm nicht mit einer dominanten Geste.“ Klare Ansage mit wertvoller, weil richtiger Aussage. Beobachten Sie also ihre Herzallerliebste genau: sollte sie die Ohren anlegen und den Kopf…na ja, jetzt wissen Sie Bescheid. Sonst ist die Beißattacke vorprogrammiert. Manchmal haben Frauen übrigens nicht nur ein kleines bisschen Haue gern, sondern auch klare verbale Ansagen – das würde diverse Blutschlachten überflüssig machen – ganz ohne Wörterbuch.

Anhand dieser Körpersprache ist es für die rhetorisch unmotivierte bzw. unfähige, männliche Fraktion nun auch möglich, die Partnerin beim Sex leichter zu verstehen. Wenn sie also den Kopf wegdreht und dabei stöhnt heißt das nicht „Ja, mach’ weiter so!“, sondern „Mein Gott, lernt der denn nie dazu?“ Sollten sie darüber hinaus auch noch ein mögliches Knurren vernehmen, ziehen sie sich sinnvollerweise sofort zurück, es sei denn, sie legen es darauf an, die Dame ihrer Begierde zu einem vorgetäuschten Orgasmus zu verleiten.

Weiblichen Singles ist jedoch dringend davon abzuraten, an der eigenen Schlafzimmertüre ein Schild mit der Aufschrift „cave canem“ anzubringen! Auch nicht, wenn das Schild noch so dekorativ aussehen und farblich exakt zur Wandfarbe des Flures passen sollte!

Was man als Frau von einem männlichen Gegenüber zu halten hat, das ein T-Shirt mit der Aufschrift „Der tut nix, der will nur spielen“ trägt und keinen Vierbeiner an seiner Seite führt, kann nur im Einzelfall und nach ausreichender Beurteilung der Sachlage entschieden werden. Allerdings kann hier auch die Beobachtungsgabe weiterhelfen – zeitgleiches Schwanzwedeln könnte als Sympathie gewertet werden.

Angesichts empirischer, männlicher Verbalausfälle möchte frau ab und an ganz gerne lautstark in das Credo Judith Holofernes einstimmen: „…wenn Du schon auf den Mund fallen musst, warum dann nicht auf meinen – oh, bitte gib’ mir nur ein Wort…!“

Muss ja nicht gerade „ficken?“ sein.

(c) Daniela Röcker 2008