Montag, 19. April 2010

SiXX - HühnerTV?!


"Alles, was Frauen interessiert" will Katja Hofen-Best, die Chefin des neuen Frauensenders der ProSiebenSAT1-Gruppe, mit dem neuen Frauenformat "SiXX" ab 07. Mai 2010 in die digitale Fernsehwelt katapultieren.
Man möge verzeihen, dass die Autorin dieser Zeilen an der Umsetzung des Ziels, in einem einzigen Sender alles erfassen zu wollen, was die Gesamtheit aller ausstrahlenden Sender nicht einmal ansatzweise schafft, leise bis brüllaffenlaute Zweifel hegt.

Auch der Hinweis des Senders, dass das Doppel-XX im Namen das weibliche Chromosom darstelle, man aber nicht beabsichtige, die potentielle Zuschauerin mit Wissenschaft in Berührung zu bringen, läßt eine latent vorhandene Erwartungshaltung gegen Null tendieren.Blocksatz
Bei näherem Hinsehen scheint die Zielgerade dann doch nicht so weit entfernt, denn Frau Hofen-Best hat sich auf die Zielgruppe der 19- bis 39-jährigen Fernsehenden beschränkt. Die wird nun mit einem frühlingshaften, unisexen Grün im Logo, welches stark an das Logo eines Billigschmuckherstellers erinnert, zum Verweilen verführt. Vorausgesetzt, sie findet den richtigen Knopf auf der Fernbedienung.

Denn, dass die Macher der Imagekampagne ein sprechendes Huhn als Trägermotiv wählten, könnte man schmunzelnd fast als plumpe Ironie gelten lassen.
Sogar ein verständnisvolles Lächeln drängt sich ob der geistig uneleganten, möglicherweise männlich erdachten, Parallele zwischen Huhn und potentieller Zuschauerin auf, wenn das Hühnchen fast hilflos, leise fluchend auf der Fernbedienung herumpickt.

Da Frau Hofen-Best bisher für die Programmgestaltung des Männersenders DMax verantwortlich zeichnete, darf es jedoch nicht verwundern, dass auch für dieses Format bereits eingangs mehr als ausgetretene Klischees bedient werden. Ob dies sinnvoll ist, sei dahingestellt.

Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es nichts wirklich Einschaltenswertes oder Aufregendes beim neuen Sender, der sich gar einen feministischen Hauch leistet und als "Senderin" betitelt.
"Männerfernsehen ist relativ simpel - Frauen hingegen sind um einiges anspruchsvoller", sagt die Programmchefin.
Ein Blick in die Programmübersicht von SiXX bestätigt ihre Aussage folgerichtig: Serien, Serien und nochmal Serien! Eine Prise Reise, eine Handvoll Stars und Sternchen, Teleshopping.

Ich bin begeistert! Das ist es also, was die Frau zwischen 19 und 39 Lenzen sehen möchte. Fantastisch! Liebe, Leidenschaft, Tratsch und Shopping! So einfach ist das! Und ich dachte tatsächlich, Frau würde sehen wollen, welche Schuhe am besten geeignet sind, um morgens ab 8 Uhr als erste die Sonderangebote bei Aldi, Lidl und Co. zu ergattern.

Oder, ich traue mich gar nicht es auszusprechen, dass sie womöglich intellektuell ansprechende Beiträge zu Kultur, Politik oder gar Wissenschaft sehen möchte. Sich über wirkliche Gesundheit informieren und nicht dem Jugendkult anheim fallen wolle. Oder sich unter Umständen für die Religion und Geschichte anderer Länder interessiere und nicht nur für die Ausstattung der vier landesbesten 5-Sterne-Hotels in lagunenähnlicher Poollandschaft.
Und dass es sie überhaupt nicht interessiert, warum ein drittklassiges Sternchen gerade seinen 7. Ehemann verlassen hat und es von eher nachrangiger Bedeutung ist, in welcher der zahlreichen stereotypen Serien, die Hauptdarstellerin sich am Ende doch noch von ihren astralkörperbehafteten Traumprinzen schwängern läßt.

Ein wenig misstrauisch macht mich jedoch das Interview, welches im Vorfeld auf einer Schuhmesse (!!) geführt wurde und klären sollte, was Frauen sehen wollen. Die Mehrheit der befragten Frauen gehörte zum äußersten Rand der Zielgruppe oder lagen wenig darüber. Unbeachtet der Tatsache, dass man ein solches Interview nach Gutdünken und Anspruch des Auftraggebers so zusammenschneiden kann, wie es gerade beliebt, fragt man sich, warum nicht Wert auf ein ausgewogenes und dementsprechend aussagefähigeres Mischungsverhältnis der Zielgruppe gelegt wurde. Gaben einige Zielgruppentrefferinnen vielleicht Antworten wie: "Ey, Alder, Frauenfernsehen, son Scheiß' kuck isch nisch" oder "Sollten Sie mich zu einer klischeehaften Antwort wie 'Mode' nötigen wollen, hänge ich Ihnen ein Anklage wegen Verleumdung an den Hals"?

Nun, sei's drum. Offensichtlich habe ich mich in den Fernsehvorlieben der Zielgruppe getäuscht und Frau Hofen-Best hat Unrecht:
Frauenfernsehen in der potentiellen Zielgruppe ist ebenso simpel wie Männerfernsehen - Klischees bedienen, konsumieren und Mund halten. Wer nicht dazugehört, benutzt die Fernbedienung.

Fazit: Fernsehen für erwachsene Lillifeen, die zu blöd zum Umschalten sind.


(c) Daniela Röcker, 2010